Hausstrecke mit der Q

oder: Der ganz normale Wahnsinn….

Neulich abends, die Q gerade beim Freundlichen aus der Werkstatt geholt und eine kleine Feierabendrunde durchs Bergische. Man muß ja wissen ob alles ok ist, nach so einer Inspektion.

Normalerweise reisst es mich irgendwann und ich lasse das Großhirn einfach mal beiseite und verlasse mich auf die Reflexe. Nicht in Ortschaften, das ist meine persönliche eiserne Regel. Diesesmal ging so gar nichts. Sehr eierig, keine Linie findend war es schon nervend….zwischendurch überlegte ich noch an der Tanke anzufahren und den Reifendruck zu prüfen. Vielleicht lags ja gar nicht an mir?

In Bechen aus Richtung Neuenhaus kommend treffen wir uns im Kreisverkehr: eine Supermoto irgendwas, kann es nicht erkennen. Hinten unter der Sitzbank zwei Endrohre, schmal, leicht.

Kurz abgecheckt: Opfer oder Wahnsinniger? (gibt es was dazwischen?)

Alles klar, ab geht’s auf die Hausstrecke: Bechen nach Altenberg. Kenn ich, fahre ich seit 25 Jahren.

Die Autos fahren alle nach Bechen rein oder nach dem Kreisverkehr geradeaus ins Scherfbachtal, Glück gehabt. Blinker rechts, Supermoto (SM) biegt vor mir auch ab….

Ist ja noch Ortschaft, also ruhig bleiben… brrr, ruhig Brauner, auch wenns schwer fällt. Oh, er fährt auch gesittet, guter erster Eindruck! Normalerweise geben sie hier schon Gas und ich bekomme sie erst wieder in dem Geschlängel nach dem Ortsschild zu sehen.

Blick nach vorn, shit, schwarzer Twingo. Breiter, tiefer und langsam. Ortsende, freie Fahrt!

SM zuckt schon nervös während der folgenden Kuppe hin und her. Ich weiss, man kann dort Autos in der Senke aussenrum überholen, übersichtlich genug ist es. Aber die müssen rechts bleiben. Wenn der Vorrausfahrende die Kurve aussen anfährt wird es zu knapp! Man hätte es sich denken können, schliesslich: tiefer, breiter. Natürlich fährt der Twingo aussen an und SM wird sichtlich nervös.

Links hoch auf die folgende Kuppe, fantastischer Blick über die Dhünntalsperre bis Remscheid. Keine Zeit, warten auf freies Blickfeld! Ist frei. Schnell reagiert, die SM, Hut ab. Blinker links und vorbei am Twingo. Der zuckt noch kurz weil zwei Wahnsinnige den Hahn aufreissen.

Lange links, geht voll. Das weiss auch SM! In der folgenden links-Rechts-Kombo erkennt man meistens die Warmduscher und Turnbeutelvergesser: Die geht ziemlich schnell, jedenfalls auf meiner Duc. Aber ich sitze auf der Q, und die hat mal locker 40 KG mehr als die Kleine. Und der Winter hat mein Gewicht auch nicht gerade reduziert…..hier prallen gerade mal 340 KG gegen die Fliehkräfte!

Also, wuchten was das Zeug hält und links geschrabbt, rechts geschrabbt und durch. (Ich habe nachgesehen, es ist der Hauptständer, nicht die Zylinder!) SM keine 2 Meter vor mir muß ich vom Gas. Er schaut völlig irritiert in den Spiegel, sah ein wenig so aus als wenn er fragen wollte: wie jetzt, immer noch da?

Ortsdurchfahrt Landwehr, hier immer schön langsam, hier kennt mich jeder. Hatte mal ne Freundin hier, lange, lange ists her. Ist aber auch kein Problem, Autos verhindern schlimmeres, SM überholt nicht, sehr löblich! Bergauf, bis Neschen ergibt sich immer noch keine Überholmöglichkeit. Ah, das wird schon, spätestens hinter Neschen nach Hüttchen geht was.

Doch was sehe ich, SM blinkt links und will nach Scheuren, hinter einem Auto her. Schade, hätte spassig werden können.

Rechts an den beiden vorbei fahre ich die folgende links. Mist, wieder ein Auto, dabei machen die beiden Kurven aus Nechen raus so einen Spaß. Egal, kurzer Blick in den Spiegel und was sehe ich? SM hat sich umentschieden und kommt hinter mir her. Halali, jetzt bin ich vorne.

Linkskurve, freier Blick und konsequenter Zug am Kabel. Während des Überholmanövers an dem Auto vorbei (ich bin wirklich noch daneben) bollert es links und SM fliegt vorbei. Alles klar, nicht nur leicht und schmal, hat auch Dampf das Ding (ich weiss immer noch nicht was es ist).

Formationsflug ins Tal, links Bushaltestelle, folgende Rechts geht definitiv Voll, auch mit dem Eisenhaufen! Was macht der denn? Bremst? Millisekunden später bin ich schon aussen an ihm vorbei und gebe alles. Die folgende Links ist kritisch, gemein und gefährlich. Wenn man nicht aufpasst hängt man zwangsläufig im Gegenverkehr. Kurz, wirklich nur ganz kurz heftig angebremst und unter Zug schön aussen durchgeflogen und gaaanz leicht werdend über die Kuppe, immer noch voll am Gas. Geil, ich liebe diese Strecke! Zeit, in den Spiegel zu schauen. SM fehlt! Mist! Wäre auch nicht das erste mal daß hinter mir jemandem die Straße ausgeht….(Gruß an Roland…;-))

Ah, da kommt er, Respektabstand, ca. 200m. Ich bremse gerade die Linkskurve an, Blick wie immer am Kurvenausgang, wieder leichtes, metallisches schrabbeln links unter mir. Eigentlich rechne ich damit daß er mich spätestens hier wieder einholt, schließlich hat er mind. 100 KG weniger zu bremsen. Reicht aber nicht. In Grimberg wieder ein Auto, ziemlich langsam, keine 50. SM hinter mir, wieder nervös links-recht zuckend.

Normalerweise würde ich ja nicht überholen, aber die Frau fährt wirklich nicht einmal 50. Das kurze Stück zwischen Grimberg und Schmeisig ist ja streng genommen auch ausserhalb der Ortschaften. Kurzer Gasstoß und vorbei, direkt wieder langsamer durch Schmeisig. Jetzt kenne ich das so, daß die „Gedemütigten“ spätestens jetzt in der Ortschaft vorbei fliegen und sich so einen respektablen Vorsprung verschaffen. SM nicht, bleibt locker hinter mir.

Das nun folgende Teilstück ist eigentlich meine Kür. Hier kannte ich Jahrelang jede Bodenwelle, jede Fuge und jedes Schlagloch. Aber man weiss ja nie, nach einem harten Winter kann sich das ja schlagartig ändern.

Schmeisig, Ortsausgang, Rechtskurve. Hahn auf und ab geht der D-Zug. SM bleibt diesesmal hinter mir, nah dran, aber dahinter. Blick nach oben, ein Bus biegt links in den Wendehammer. Alles klar, Glück gehabt. Etwas später und er wäre uns in der Kurve aller Kurven entgegen gekommen. Links durch die kleine Senke, direkt mit Gewalt nach Rechts umlegen und in voller Schräglage über die Kuppe. Während das Mopped gaaanz leicht wird, wieder zurück reissen und aufrichten. Bei der Aktion geht immer in noch befindlicher Schräglage das Vorderrad hoch, geiles Gefühl. Limit, mehr ging mit der Q nicht. Jetzt erst wieder Zeit für den Spiegel, SM nicht mehr dran, Abstand wird nun größer. Immer noch unter kräftigem Zug am Kabel in den Wald geschossen, leicht links, rechts und zum Bremsen vorbereiten. Der Bremspunkt für die 180°-Kehre liegt mit der Duc schon spät. Hier schaltet sich gerade das Gehirn wieder ein und sagt laut und deutlich: Denk an den Eisenhaufen, den mußt du erstmal abbremsen. Alles klar, die rot gestreiften Schilder werden Sichtbar und ich werfe den Anker. Seltsam, warum blinkt denn da so ein gelbes Warndreieck im Cockpit? Egal, später nochmal drauf achten. 3 bis 4 Gänge zurück geschaltet und umgeworfen das Ding. Mist, nicht richtig geschaltet, bin im 4. statt im 2. durch die Kurve. Beim Versuch, noch zu schalten reist der Alsphalt mir den Stiefel von der Raste. Tja, da ist er wieder, der kleine aber feine Unterschied zur Duc: Da ist mehr Platz von der Raste zur Straße.

Egal, Hahn auf und im vierten Gang, hat ja Dampf in jeder Lebenslage, so ein Ding mit 1200 cc.

Dampf ja, aber nicht genug für SM. Der ist wieder dran. Hey, gut der Mann, macht Spaß!

Nächste 180° rechts, wieder auf der letzten Rille gebremst, umgeworfen und durch. Es erstaunt mich doch immer wieder wir handlich dieser Trümmer ist, irre!

Jetzt kommt wieder so eine Kurvenkombi. Um wirklich das maximum rauszuholen muß man sich am Riemen reissen. Die erste Rechts verleitet dazu nach innen zu ziehen. Den Fehler machen fast alle. Hier muß man AUSSEN bleiben! Eigentlich sind es nämlich zwei Rechtskurven hintereinander, und wenn man in der Ersten innen ist, trägt es einen unweigerlich in der Zweiten nach aussen und man muß zwangsweise vom Gas. Bleibt man in der Ersten aussen, kann man unter Zug die Zweite innen nehmen und kommt mit einem gesunden Grundspeed auf die Links-Rechts zur nächsten Spitzkehre ohne auch nur Gefahr zu laufen in den Gegenverkehr zu gelangen.

Ein weiterer Vorteil dabei ist, daß man die Geschwindigkeit sofort den Verkehrsverhältnissen anpassen kann. Ist die Strecke bis zur Spitzkehre frei, Vollgas geradeaus durch, wenn nicht ein bisschen weniger Gas und schön geschwungen die beiden Kurven zur Spitzkehre.

Kurz vorher war eine Querfuge. Das war immer der Bremspunkt mit der Duc. Geschwindigkeit lag jetzt mit der Q bei ca. 150 km/h, also jetzt aber, Anker raus und wieder dieses Warndreieck im Cockpit. Was ist denn das? Kurzer Blick geradeaus, Bäume sind weg, klasse, endlich mal freien Blick auf den Altenberger Dom, find ich gut. Nachteil der Aktion: Sonntags geht dann wahrscheinlich gar nichts mehr, weil Omma ja schon immer den Dom mal richtig sehen wollte…..

Shit, vor lauter Glotzerei wieder verschaltet, wieder nur der 4. Gang und die Erkenntnis: Heizen mit der Q erfordert mehr Übung und vor allem: mehr Konzentration!

2 Moppeds in der nun folgenden Rechts, eierig und unsicher. ok, Fahranfänger, wir haben ja auch mal angefangen. Spiegelblick und ja, er ist wieder da, SM direkt hinter mir. Echt gut der Kleine, hartnäckig…viele haben bis hierhin schon aufgegeben.

Links abbiegen nach Odenthal, beide langsamen Moppeds kurz überholt und SM hinterher. Gaaanz kurz, wirklich nur gaanz kurz überlegt ob ich mir Altenberg nach Blecher wirklich antue oder über Glöbusch fahre. Doppeltes Überholverbot, und immer, wirklich immer eine langsame Kröte vor mir.

Egal, Versuch lohnt. Anker geworfen, Blinker Rechts und ab dafür. Am Busbahnhof vorbei  schrabbt schon wieder rechts unter mir irgendwas auf dem Boden und das hintere Federbein pumpt ein wenig. Das kann die Duc besser.

Erste Links und da ist sie, die Kröte… in Form eines total verrosteteten alten Fiesta mit Opa. Ich mache es mir gemütlich, bleibe dahinter. Schliesslich komme ich von hier, auch hier kennt mich jeder. Da überholt man nicht.  Also, gemütlich dahinter bleiben.

SM hat das Problem nicht, Vollgas und über zwei durchgezogene Linien überholt er. Schade, bis jetzt machte er einen guten Eindruck….

 

PS: Ich habe es herausgefunden: das blinkende Warndreieck im Cockpit war das regelnde ABS. Anschliessend habe ich es meistens abgeschaltet, wenns mal was zügiger ums Eck gehen sollte.

Eine Antwort zu Hausstrecke mit der Q

  1. Alex sagt:

    Klasse geschrieben. Da braucht man kein Video.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Protected by WP Anti Spam